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(03) Über Fieldtrips und die Delegation

Aktualisiert: 6. Apr. 2020

Seit längerer Zeit habe ich mich nun nicht mehr gemeldet, doch heute folgt ein neuer Blogeintrag. In der Zwischenzeit ist viel passiert und darüber werde ich jetzt erzählen.

Mittwoch vor drei? (Hilfe, wo ist mein Zeitgefühl) Wochen starteten wir das erste Mal mit Allen zu einem Fieldtrip, das ist ein Besuch der Partnerschulen der Jumelage. Hoffentlich wird es sehr oft die Möglichkeit geben, auf einen solchen Fieldtrip zu gehen, da man nicht nur mehr von Ruanda sieht, sondern auch ein viel besseres Verständnis für die Projekte vor Ort entwickelt.

Jedenfalls ging es für Larissa und mich in den Süden, in die Nähe der 'Stadt' Ruyenzi, die ca. 12.000 Einwohner besitzt. Die RN1 auf der wir fuhren ist die einzige Schnellverkehrsstraße Richtung Burundi (Süden). Vergleichbar ist diese mit einer deutschen Bundesstraße, sehr kurvig und immer an Gebäuden vorbei. Das ist auch ein Punkt der mir aufgefallen ist, egal wohin man fährt, überall ist bebaut, man sieht kaum unberührte Natur, sondern viele Häuser, kleine Felder und eigene Bananenplantagen. Aber zurück zu unserem ersten Fieldtrip nach Ruyenzi.

Dort baut die Jumelage in Zusammenarbeit mit der deutschen Partnerschule einen neuen Schulkomplex mit neuen, helleren Klassenräumen. Auf dem Weg probierten wir erstmals Broschette, ein gut gewürzter Ziegenfleischspieß. Widererwartend schmeckte er mir sogar sehr gut. Endlich angekommen wurden wir sehr herzlich empfangen und bekamen eine Rundführung über das gesamte Schulgelände, während sich Allen der Baustelle widmete und Ally unser Fahrer ein Mittagsschläfchen hielt, da die Fahrt circa drei Stunden gedauert hatte und volle Aufmerksamkeit erforderte.

Das liegt zumeist an der Fahrweise der LKW, Motorräder oder Fahrräder und daran, dass die Straßen von Natur aus schon unübersichtlich und eng sind. Dazu geht es meist bergauf oder bergab, wobei schwer beladene LKW dementsprechend langsam fahren und das zu riskanten Überholmanövern verleitet.

Der Fieldtrip im allgemeinen war echt schön und eine richtige Abwechslung zum eigentlichen Arbeitsalltag, der zumeist sehr viel aus Computerarbeit besteht. Auf der Arbeit habe ich mich schon ziemlich eingelebt und auch in meine Aufgaben eingefunden. Zu dieser Zeit drehten sich die meisten Aufgaben um das Organisieren der Delegation. Eine Delegation ist eine Endsendung von Abgeordneten, meistens aus Rheinland Pfalz, hier nach Ruanda um die Beziehungen zu stärken, Geschäftsbindungen aufzubauen oder neue Ideen auf dem ruandischen Markt zu verwirklichen. Dabei waren Aufgaben des Koordinationsbüros zum Beispiel die Planung der Restaurants, Meetingräume und die Koordination des gesamten Jumelage Teams.

In Mitten dieser stressigen Phase hatten wir wieder die Möglichkeit eine Schule zu besuchen. Dieses Mal ging es mit Felicite, mit der wir im School-department zusammenarbeiten, wortwörtlich zu der führenden Mädchenschule hier in Kigali. Wir sahen den Schülern zu, wie sie unter anderem einen traditionell ruandischen Tanz aufführten und auf einem traditionellen Instrument, genannt Inanga spielten. Der Tag wurde noch richtig lustig als ein pensionierter Soldat den jungen Tänzerinnen mit seinem spontanen Tanz wirklich die Show stahl.

Als Nächstes stand dann die Geburtstagsfeier der beiden Jungs an. Wir feierten Sandros Geburtstag nach und in Maxis Geburtstag hinein und zwar mit einer ganzen Ziege. Die wurde auf dem Markt für nicht ganz 30 Euro gekauft und dann mit Kartoffeln in unserem Hinterhof professionell zubereitet. Aber ich muss sagen, dass die Spieße im Süden besser waren, vielleicht auch weil unseren Köchen hier das Akabanga (scharfes Chilliöl) wohl ausgelaufen ist und die Spieße einfach nur scharf waren.

Am Morgen gab es Geburtstagskuchen, dieses Mal eine Bananen-Eigenkreation, auch super lecker.

So ging die nächste Woche auch wieder normal weiter: jeden Tag von 7:30 bis 17 Uhr arbeiten. Irgendwann hieß es auch sich von JP zu verabschieden, da Job, der eigentliche Bewohner der kleinen Wohnung neben uns, wieder aus Deutschland zurückkam. Wir feierten einen unser letzten Abende zusammen, indem wir von JP bekocht wurden. Es gab, oh Wunder, Reis mit Nudeln und Pommes und obendrauf noch ein paar Brocken Fleisch. Wie in einer Familie hier üblich, teilten wir das Essen, indem wir alle von einem großen Teller aßen. Die Woche verstrich und die Ankunft der Delegation rückte immer näher und es war noch so viel zu tun, aber nach vielen durchgearbeiteten Pausen und herausfordernden Aufgaben war es endlich so weit:

Am 28. August trafen wir das erste Mal auf die Delegation rund um den rheinland-pfälzischen Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Dr. Volker Wissing. Mit Ihm kamen Weinbauexperten und einige Geschäftsleute, sodass die Delegation insgesamt über 20 Mann umfasste.

Zur Unterstützung durfte ich die Delegation bei ihren Terminen begleiten. So sah ich in der folgenden Woche noch mehr vom Land. Weitaus interessanter fande ich aber die Gespräche, die sich mit dem Thema Weinbau beschäftigten. Es wurde zum Beispiel mit MINAGRI, dem ruandischen Ministerium für Landwirtschaft eine Vereinbarung getroffen, in der Zukunft enger zusammenzuarbeiten und auch den Weinbau hier in Ruanda zu etablieren. Auch wurde ein LOI (Letter of Intent) zwischen INES, einer Universität für angewandte Wissenschaften und der deutschen TH Bingen unterzeichnet. Dieser LOI wird die zukünftig noch engere Zusammenarbeit garantieren und auch den Austausch zwischen den Studenten verbessern.

Obendrauf gab es noch Gespräche mit Herrn Sina Gerard. Er ist der führende Geschäftsmann und produziert mit seiner Firma 'Urwibutso Enterprises' nicht nur Gebäckstücke, sondern auch Holz, Wein, Fleisch und vieles mehr. Nach der Einladung zum Essen bei Ihm zu Hause folgte eine kleine Rundtour. Es ging zu zwei Schulen, die durch Ihn finanziert werden, und dann immer weiter den Berg hinauf. Wir sahen Teile seiner Farm, auf der unter anderem Erdbeeren angebaut werden, und schlussendlich seine Tierfarm. Neben verschiedensten Eseln und Kühen war die auf deutsch genannte Rasse Wartussirind am eindrucksvollsten.

Diese Rasse ist in Ostafrika unter Viehzüchtern weit verbreitet. Ihren Wert misst man nicht etwa an der produzierten Menge Milch, sondern an der Länge ihrer Hörner. Je länger, desto wertvoller die Kuh und desto angesehener ist der Besitzer. Dabei gibt diese Rasse kaum Milch und sehr wenig Fleisch, weshalb sie nur dazu dient, das Ansehen in der Gesellschaft zu erhöhen. Ich muss schon sagen, direkt neben einer solche Kuh zu stehen ist echt imposant uns ein wirkliches Nervenkitzel, nur eine falsche Bewegung und sie nimmt dich auf die Hörner. Zum Glück wurde aber niemand verletzt und wir beendeten unsere Tour mit der Besichtigung seiner Weindestillationsanlage.

Abends, wieder zurück in Kigali, gab es ein richtig leckeres Abendessen, wie überall, wo die Delegation aß.

Für Freitag, den letzten Tag, hatten wir in der Jumelage eine Tour durch die einzelnen Departments geplant. Danach gab es gemeinsames Mittagessen in unserem Innenhof, bevor es hieß, sich von allen zu verabschieden, vor allem von Talisa und Sarah den beiden Studentinnen, da es für mich weiter mit der Delegation in den Akagrea Nationalpark ging. Mein großes Glück kaum zu fassen, fuhren wir Richtung Osten. Endlich angekommen, wir mussten uns ziemlich beeilen, da nach 18 Uhr niemand mehr auf das Parkgelände gelassen wird, checkten wir in die Game Lodge ein und genossen das Abendessen und die Aussicht. Nach heiteren Gesprächen und einer kurzen Nacht, ging es dann auf für sechs Stunden Safari, einmal durch den ganzen Park. Vorher wurden wir noch mit den Sicherheitsvorschriften vertraut gemacht: egal was ist, steige niemals aus dem Auto aus.

So ging es dann mit zwei Jeeps zu je sechs Personen auf die Beobachtungsfahrt. Unser Guide Isaac konnte uns viel zu den einzelnen Tierrassen erzählen und auch alle unsere Fragen beantworten. Und er hatte ein sehr gutes Auge, so erspähte er z.B. Büffel und Giraffen aus der Ferne. Mittagspause machten wir an einem Flusspferd-See, da gab es dann Sandwiches, gekochte Eier und Bananen. Dafür durften wir auch aus den Autos aussteigen.

Nach den sechs Stunden folgt nun eine Bilanz: Die Safari habe ich mir vorher total anders vorgestellt. Man sieht relativ selten Tiere und wenn sind sie meist sehr weit weg. Trotzdem hatten wir Glück und sahen verschiedene Affenarten, Büffel, Gazellen und Giraffen aus nächster Nähe. Weiter sahen wir Warzenschweine, unterschiedliche Vogelarten und Flusspferde; leider hatten wir keine Chance, Löwen und Elefanten zu sehen.

Auf dem Heimweg hielten wir noch bei einem Kunstcafe, indem verschiedenste Mitbringsel eingekauft wurden und ich zu einem Stück Kuchen und Kaffee eingeladen wurde.

Nach einem letzten Abendessen mit der Delegation in ihrem Hotel, dem Marriott Hotel, hieß es auch, sich von allen zu verabschieden.

Für mich wurde diese Delegation zu einer unvergesslichen Zeit, in der ich so viel erlebt habe und so viele nette Menschen kennengelernt habe. Ich freue mich schon auf die nächste Delegation, die schon im Oktober kommen wird. Hoffentlich kann ich dort genauso involviert werden.

Zurück zuhause ging dann der ganz normale Arbeitsalltag weiter, wobei dieser wieder durch einen Fieldtrip unterbrochen wurde.

Aber erstmal berichte ich euch noch vom Wetter. Hier hat jetzt die kleine Regenzeit angefangen, die ungefähr einen Monat lang andauert. Das heißt übersetzt, meistens nachmittags verdunkelt sich der Himmel und es gibt kurze Sturzregenfälle. In dieser Zeit hält das Leben an: es fahren kaum noch Motos, niemand ist mehr auf den Straßen und alle suchen Schutz vor dem Regen. Als wir von der Arbeit heimliefen, verdunkelte sich der Himmel schlagartig und wir suchten unter einem Handystand Schutz vor dem Regen. Diese Stände, meist bestehend aus einem kleinen Tisch mit Sonnen- bzw. Regenschirm gibt es hier von den verschiedenen SIM-Karten Anbietern. Dort kann man sich ganz einfach Geld auf seine SIM laden und damit z.B. neues Internet oder Freiminuten zum Telefonieren kaufen. Das geht ganz einfach über ein Tastenhandy und ellenlange Codes mithilfe des Mitarbeiters. Mobiles Geld ist hier sehr weit verbreitet, so zahlt man seinen Strom, das Wasser oder Strafzettel auch einfach, indem man Geld auf seine SIM läd und die Rechnung somit bargeldlos bezahlen kann.

In den nächsten Tagen bekamen wir auch unser permanent Visa, welches echt wichtig war, da unser Touristenvisum am 02.09 abgelaufen war. Jetzt fehlt nurnoch unsere ID-Karte, weswegen wir montags wahrscheinlich zum Amt fahren.

Doch ich schweife schon wieder ab, denn ich wollte euch von unserem nächsten Fieldtrip berichten. Dieses Mal fuhren wir mit Jean-Marie, mit dem wir im Sport und Jugend- Department zusammenarbeiten, wieder Richtung Süden. Dort besuchten wir zwei weitere Schulen und bekamen die Möglichkeit versichert, an diesen irgendwann für ca. eine Woche zu bleiben und Sportunterricht zu geben. Das hat mich sehr gefreut, da somit nun hoffentlich mehr Sport in meinen Arbeitsalltag integriert werden kann. Überall wurden wir herzlich empfangen und durften uns sogar in das Gästebuch der Schule eintragen, wahrscheinlich ein 'Muzungu-Bonus'.

So weit so gut, trotzdem gibt es noch soooo viel zu erzählen. Der nächste Blogeintrag wird deswegen vermutlich schon bald folgen, damit ihr auch up to date seit. Ich habe mir überlegt ca. alle zwei Wochen einen neuen Beitrag zu schreiben.





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